Allgemein Kommunalwahl 2021

Fragen zur Kommunalwahl 2

Klimaliste Hessen
Klimaliste Hessen

Der Klimaliste Wetterau hatte anläßlich der Kommunalwahl ein paar Fragen an uns und wir haben mal geantwortet…

Sehr geehrter Herr Görg, sehr geehrter Herr Leiendecker,

Ich möchte gerne auf ihre Fragen antworten, da das Thema Umweltpolitik bei den Piraten einen hohen Stellenwert genießt und es sich durch alle Bereiche des politischen Lebens zieht.

1.) Was will Ihre Partei auf Kreisebene tun, damit wir das Ziel „Klimaneutralität bis 2035″ erreichen?

Das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommen einzuhalten ist die letzte Chance der Menschheit, die Klimakatastrophe noch zu begrenzen, dass die Folgen zwar immer noch katastrophal sind, aber noch eine Wahrscheinlichkeit bleibt, den Untergang der wichtigsten Ökosysteme, Milliarden Hungertote und einen dritten Weltkrieg zu verhindern. Klimaneutralität 2035 ist daher ein Muss.

  1. Der Kreis und alle Kommunen im Kreis müssen den Klimanotstand bzw. die Klimanotlage anerkennen und die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels und die Implikation Klimaneuralität bis 2035 als Richtungsentscheid beschließen.
  2. Alle Kommunen treten den „Klimakommunen“ bei und nutzen die Angebote, Klimamanager mit der Aufgabe zu betrauen, die Kommunen bis spätestens 2035 klimaneutral zu machen. Klimaschutzpläne in allen Kommunen und auf Kreisebene müssen mit höchster Priorität aufgestellt werden. Sie müssen so gestaltet sein, dass die erforderlichen, konkreten Maßnahmen zur Senkung der Emissionen zu je 1/3 auf die drei Legislaturperioden bis spätestens 2035 aufgeteilt werden. Die nötigen Mittel dafür müssen in den Haushalten bereitgestellt werden.
  3. Sofern der Kreis oder die Kommunen (direkt oder indirekt über Finanzprodukte) Beteiligungen an Unternehmen besitzen, die mit fossilen Energien in Verbindung stehen, müssen diese unverzüglich abgestoßen werden. Alle Geldanlagen, auch Altersvorsorge, Rücklagen usw. dürfen nur in zertifizierte nachhaltige Geldanlagen investiert werden und müssen bis 2025 umgeschichtet werden.
  4. Alle Liegenschaften des Kreises und aller Kommunen müssen ab sofort mit 100% Ökostrom versorgt werden.
  5. In jeder Wahlperiode muss 1/3 aller Gebäude des Kreises und der Kommunen energetisch saniert und die Heizung auf EE umgerüstet werden, wobei Wärmepumpe, Solarthermie & Erdwärme gegenüber Biomasse zu bevorzugen sind.
  6. Bei den Fuhrparks gibt es Neuanschaffungen von PKW, Bussen und Nutzfahrzeugen & Maschinen nur noch vollelektrisch. Verbrennungsmotoren nur noch in absoluten, gut begründeten Ausnahmefällen (wenn für den Zweck überhaupt kein Elektrisches Fahrzeug beschafft werden kann), oder wenn Gebrauchtfahrzeuge erworben werden, die älter als 7 Jahre sind. Dies ist auch bei Ausschreibungen an Subunternehmen zu berücksichtigen. Der öffentliche Nahverkehr muss in 15 Jahren vollelektrisch fahren.
  7. Alle Kommunen müssen ihre Bebauungspläne dergestalt ändern, dass
    • Passivhausstandard bei Neubauten
    • Niedrigenergie-Standard bei Sanierungen
    • Regenwassernutzung zur Pflicht machen, bei Bestand ggf. fördern
    • Pflicht für Photovoltaik (möglichst Maximalbelegung) bei Neubauten und Dachsanierungen
    • Ökologische Baumaterialien vorschreiben, besonders klima- / umweltschädliche Bauweise verbieten
    • Versiegelung von Flächen teuer machen
    • Beton- Kies“gärten“ verteuern oder gar verbieten, ökologisch sinnvolle Bepflanzung begünstigen, Kirschlorbeer abstrafen
    • Fossile Heizungen zumindest bei Neubauten verbieten, Wärmepumpen fördern
  8. Es wird ein unverzüglich ein kommunales, zentral gemanagtes Aktionsprogramm gestartet, mit dem auch Gebäude, die in Privatbesitz sind, auf aktuellen Stand gebracht werden:
    • energetische Sanierung und Umstellung der Heizungen aller Gebäude auf erneuerbare Energie
    • Installation von PV-Anlagen auf Bestandsgebäuden inkl. Hallen
    • Nachrüstung von Regenwassernutzung
    • Entsiegelung und ökologisccher Begrünung von Flächen
  9. Biogasanlagen müssen mittelfristig flexibilisiert werden. Sie dürfen nur einspeisen, wenig Wind und Sonne vorhanden ist, idealerweise mit deutlich höherer Leistung bis hin zur Sekundärregelenergie – statt konstant einzuspeisen wie heute.

Überall, wo Fördermittel beschafft werden können, müssen Kreis und Kommunen die Bürger aufklären und ihnen die Realisierung so einfach, unkompliziert und sicher wie irgend möglich anbieten, z.B. indem regional jeweils ein ganzes Wohngebiet ausgeschrieben wird, günstige Konditionen an die Bürger weitergegeben werden und die Kommunen die Treuhänderfunktion übernehmen bzw. gewährleisten, dass die Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt werden.

Schauen sie sich dazu auch bitte unseren 17-Punkte-Plan zur Klimapolitik an.

2.) Sind die Klimaziele und Klimaschutzmaßnahmen des Wetteraukreises geeignet, die Treibhausgas Emissionen im Landkreis in der kommenden Legislaturperiode und in den kommenden 15 Jahren maßgeblich zu senken?
Wenn nein, warum nicht und was will Ihre Partei dagegen tun?

Ich gehe davon aus, dass die Klimaschutzmaßnahmen des Wetteraukreises, wie fast überall, völlig unzulänglich sind. Es gibt nur eine Handvoll Kommunen in Deutschland, wie z.B. Tübingen und Münster/Westfalen, die ausreichende Ziele und einen konkereten Plan aufgestellt haben und mit der Umsetzung begonnen haben. Auch in Mühlheim a.d.Ruhr und München tut sich viel. Aber hier in der Wetterau haben wir so viele Klimawandel-Verharmloser, Klöckner-Landwirte, AfD/NPD-Anhänger und CDU-Fans, und ich bekomme nicht mit, dass irgendwo Klimaschutz wirklich zum Fokusthema gemacht worden wäre.
Selbst so Pilotprojekte, wie das Energiedorf Bergheim können die Gesammtsituation nicht retten.

3.) Wie wollen Sie sich dafür einsetzten, dass die CO2 Emissionen im Landkreis übergreifend und ausreichend gemessen und erfasst werden?

Dazu gibt es doch ein bundesweites Monitoringsystem gibt es auch. Ich kann aber nicht beurteilen, ob dieses gut ist. Angeblich wird es oft von den Kommunen benutzt, um kleine Erfolge als große Erfolge zu feiern.

4.) Welchen Verkehrsmitteln geben Sie bei der Mobilitäts und Infrastrukturplanung den Vorrang, um den Ausstoß an Treibhausgasen aus dem motorisierten Individual und Lastverkehr mit Verbrennungsmotoren zu reduzieren?

Die Piratenpartei befürwortet eine fahrscheinfreie Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) für alle Bürger als sinnvollen Beitrag zur Verkehrswende. Der ÖPNV soll staatlich finanziert sein und solidarisch von allen Bürger getragen werden. Wie die bereits existierenden fahrscheinlosen ÖPNV-Lösungen in Luxenburg, in Melbourne oder in Tallin zeigen bring dies eine erhebliche Reduzierung des individuellen Kraftfahrzeugverkehrs und damit einhergehend auch Reduzierung des Flächenverbrauches durch Kraftfahrzeuge, es könnten wieder mehr Straßenflächen für den Rad- und Fußweg umgewidmet werden.

5.) Beabsichtigt Ihre Partei den ÖPNV zukünftig kostenfrei zu gestalten?

Seit 10 Jahren steht diese Forderung in unserem Grudsatzprogramm.

Die Piratenpartei befürwortet eine fahrscheinfreie Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) für alle Bürger als sinnvollen Beitrag zur Verkehrswende. Der ÖPNV soll staatlich finanziert sein und solidarisch von allen Bürger getragen werden.

6.) Stimmen Sie zu, dass alle künftigen Bauvorhaben Neubauten wie auch Sanierungen, sowohl von Gebäuden, als auch Straßen unter Klima-Gesichtspunkten geprüft werden müssen?
Wenn nein, warum nicht?

Unbedingt Ja. Der Bausektor ist enorm wichtig, sowohl kurz- als auch langfristig. Es darf ab sofort kein Umwelt- und Klima-Murks mehr gebaut werden, der dann 30-40 Jahre bleibt.
Zum Glück ist dies mittlerweile vielfach die Vorschrift, aber den Versuchen diese Vorschriften hier und da auszutricksen muß parlamentarisch einen Riegel vorgeschoben werden.

7.) Beabsichtigt Ihre Partei den Aus- und Neubau von Straßen im Wetteraukreis?
Unterstützen Sie zum Beispiel die Umsetzung des Bundesverkehrswegeplanes für Hessen?

Wir halten den Verkehrswegeplan für dringend überholungsbedürftig. Alle Projekte sollten sofort auf Eis gelegt und völlig neu bewertet werden.

  • Die allermeisten Projekte sind begründet mit einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens. Wir benötigen eine Verkehrswende, die Verkehr vermeidet und auf die Schiene verlagert.
  • Leistungsfähigere Straßen führen erwiesenermaßen zu mehr Straßenverkehr, dies spielt einer Verlagerung auf die Schiene entgegen und provozieren mehr, unnötige Fahrten und Transporte.
  • Das höhere gefahrene Tempo führt zu größerer Lärmbelastung und mehr Emissionen.
  • Es werden enorme Summen an Steuergeldern werden zu „Stranded Assets“. Jeder Euro fehlt an anderer Stelle: Im Gesundheitswesen, in der Bildung, bei der Digitalisierung.
  • Der Schaden durch die unmittelbare Umweltzerstörung durch die Bauwerke, die Emissionen durch die Baustoffe und die Bautätigkeit muss nach heutigem Stand der Wissenschaft neu bewertet werden, z.B. hinsichtlich der Treibhausgasemissionen, aber auch hinsichtlich der steigenden Wichtigkeit von Wäldern, Feuchtgebieten, fruchtbarem Ackerland und anderer Biotope usw. angesichts der unausweichlichen Folgen der Erderwärmung.
  • Die fortschreitende Digitalisierung entkoppelt eine florierende Wirtschaft zunehmend vom Pendeln in Großstadtbüros. Eine 8-spurige Rennbahn nach Frankfurt oder ein 4-spuriger Ausbau der B3 sind eine groteske Fehlinvestition.
  • Es muss stets genau geprüft werden, inwiefern der Ausbau und bedarfsgerechte Optimierung des öffentlichen Verkehrs, Fahrradinfrastruktur und beispielsweise Ridepooling-Apps und ein ticketfreier ÖPNV einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens entgegenwirken bzw. sogar zu einer Verringerung führen kann. Solche Maßnahmen sind stets vorrangig umzusetzen.
  • Ebenso muss berücksichtigt werden, dass bei reduziertem Straßenverkehr bei zunehmendem Anteil von Elektro-Fahrzeugen in Verbindung mit einer Verkehrsberuhigung auf Tempo 40 oder Tempo 30 bei Ortsdurchfahrten und durchgehend 30 in Wohngebieten sich auch innerorts die Lärm- und Schadstoffbelastung deutlich reduzieren lässt und in vielen Fällen Ortsumgehungen obsolet macht.

Unser Bundesprogramm erwähnt bisher ausschließlich den fahrscheinlosen ÖPNV. Über Bürgerbeteiligungen wäre z.B. zu prüfen, an welchen Stellen auf stark belasteten Straßen Car-Pool-Lanes geschaffen werden können. Das ist kurzfristig machbar entlastet die Straßen und spart cO2. Wie in Kalifornien könnten die Car-Pool-Lanes auch für Elektroautos mit nur einem Insassen freigegeben werden. Für Busse ohnehin. Ein weiteres sehr schnell umsetzbares und kostengünstiges Konzept für Innenstädte ist die Bike-Avenue: Eine lange Straße durch ein Wohngebiet wird zur Vorfahrtstraße mit Stopp-Schildern an den Einmündungen. Sie wird jedoch in jedem Block für die Autos mit Pollern unterbrochen. Fahrräder können dann auf der Vorfahrtsstraße durchrasen, Durchgangsverkehr von Autos gibt es nicht mehr, Anwohner kommen immer noch mit ihren Autos überall hin, müssen aber an den Einmündungen halten, der Umbau ist minimal im Vergleich zu den in Deutschland sonst üblichen Aufpflasterungen und Inseln. Das alles, wie gesagt in enger Abstimmung mit den Beteiligten vor Ort!

8.) Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Kreistag bei allen Aufwendungen und Investitionen der Kreisverwaltung und deren Beteiligungen verbindliche Vorgaben zu deren Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit beschließt?

Ja.

9.) Wie steht der Wetteraukreis beim Ausbau Erneuerbarer Energien da und was will Ihre Partei tun, um den Ausbau voranzutreiben?

Wir fürchten, hier ist noch wirklich viel zu tun. Wir sehen nur eine Handvoll Windräder mittleren Alters, eine Mustersolaranlage am Wölfersheimer See, ansonsten immer noch viel zu wenige Solaranlagen auf den Dächern. Das Holzhäckselheizkraftwerk in Bergheim und zwei Biogasanlagen (Wölfersheim und Altenstadt?), die vermutlich nicht flexibilisiert sind und daher der Energiewende nicht dienen. Es gibt keine Solarzellen an den Autobahnrandstreifen, Agro-PV haben wir noch nicht gesehen. Und um weitere Windräder wird gestritten. Am Steinkopf/Winterstein sind ein paar neue Windkraftanlagen geplant.

10.) Wie wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass im Wetteraukreis mindestens 130 Windkraftanlagen gebaut werden können? Diese Anzahl ist dem BUND Wetterau zufolge nötig, um einen ausreichenden Beitrag zum 1,5 Grad Ziel durch Klimaneutralität auf Kreisebene zu erzielen.

Windkraftanlagen sollten nur dort gebaut weren, wo sie auch effizient betrieben werden können und weit genug von Bebauung und Infrastruktur entfernt sind. Dazu kommen noch jede Menge Schutzgebiete für Fauna und Flora und da wird es auch in der weiten Wetterau schon ganz schön eng… Das Gebiet südwestlich des Steinkopfs hat zwar eine gute Windhöffigkeit, bietet aber auch nur Platz für ca. 10 WKA, welche derzeit schon in Planung sind…
Zwischen Bad Nauheim und Wölfershein sollen auch WKA ensehen, die aber in der Bevölkerung ziemlich umstritten sind.
Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, möglichst konsequent erneuerbare Energien zu nützen und die zur Pufferung notwendiger Speicher zu verbessern.

11.) Welche Fördermaßnahmen/Subventionen gibt es im Wetteraukreis, um Unternehmen bei ihren Klimaschutzmaßnahmen zu unterstützen?

Dazu können wir noch nichts sagen. Wir wissen noch nicht so recht, welche Möglichkeiten der Kreis hier hat. Die meisten Förderungen laufen doch über bundesweite KfW-Programme, z.B. Wallboxen, Solaranlagen, Gebäudesanierung, Heizungen usw. Natürlich kann der Kreis da ggf. weitere Anreize schaffen, auch für Homeoffice, Nutzung des ÖV statt des Autos, und wenn man schon saniert, mit der Heizung gleich auf Wärmepumpe zu gehen.
Gemeinschaftsanlagen z.B. in Wohngebieten, mit Nahwärme usw. sollten auch direkt von den Kommunen umgestellt werden. Hier gibt es auch sehr gute Konzepte mit Nahwärme-Blockheizkraftwerken oder Erdwärme, sogar welche mit Saisonalspeichern (Kältespeicher)…

Wir möchten aber auch freundlich darauf hinweisen, daß viele der von ihnen angesprochenen Probleme nicht auf Kommunal- oder Kreisebene zu lösen sind. Dazu bedürfte es Mandate auf Landes- oder Bundesebene, um unsere Ideen dort in Form von Anträgen einbringen zu können… …denken sie bitte auch daran, wenn im Herbst die Bundestagswahl ansteht. Selbst wenn wir Piraten es nicht ins Parlament schaffen, werden wir als potentielle Konkurrenten wahr genommen und unsere Ideen bei den Mitbewerbern analysiert, so fangen jetzt auch Grüne und Linke an, zaghaft über das BGE diskutiert.

Jede Stimme für die Piraten ist eine Stimme für den Klimaschutz!

Mit besten Grüßen

für die Piratenpartei Wetterau

Volker Weidmann

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